Das Kölnische Stadtmuseum spricht mit dem Projekt »Zweite Heimat Köln« neue Zielgruppen an. Seit 2008 veranstaltet das Museum Führungen für Gruppen mit Migrationshintergrund. icon begleitet das Projekt mit der Gestaltung der Kommunikationsmaßnahmen, wie z. B. dem Aktionslogo, Folder für Führungen (deutsch, türkisch, polnisch, russisch, italienisch), Plakate und Flyer für die Tage der Offenen Tür. Den Erfolg des Projektes zeigen nicht nur die steigenden Besucherzahlen.
»Zweite Heimat Köln« wurde zudem als beispielhaftes Projekt herausgestellt:
Jahrestagung des Bundesverbandes Museumspädagogik e. V. »Das Eigene und das Fremde« im November 2009 in Köln, auf dem Fachkongress »LebensArt Nordrhein-Westfalen – Integration und Kultur« des Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen im Dezember 2009 in Solingen sowie auf dem internationalen Fachkongress der ace »Integrating Archaeology« im Juni 2012 in Frankfurt.
Das Museumsmarketing des Kölnischen Stadtmuseums setzte bei der Kampagne auf ein neu entwickeltes Kommunikationsdesign. Ein Interview mit der damaligen Leiterin des Museumsmarketing, Elisabeth Breitkopf-Bruckschen, und mit Eva Rusch zum Thema finden Sie unten unter dem Stichwort »Interview«.







Leistungen
Visuelles Konzept
Aktionslogo
Fotografie
Plakate
Flyer
Stempel
Buttons
Kunde/Herausgeber
Kölnisches Stadtmuseum
Gefördert von der Rheinenergie Stiftung Kultur und von den Freunden des Kölnischen Stadtmuseums e. V.
Interview
Zweite Heimat Köln
Das Museumsmarketing des Kölnischen Stadtmuseums wendet sich gezielt an Kölnerinnen und Kölner mit Migrationshintergrund und setzt dabei auf ein neu entwickeltes Kommunikationsdesign.
Über das Projekt »Zweite Heimat Köln« und sein Design sprach Prasanna Oommen-Hirschberg mit Elisabeth Breitkopf-Bruckschen (Museumsmarketing Kölnisches Stadtmuseum) und Eva Rusch (icon Kommunikation für Kultur und Wirtschaft)
Türkischer Tag der Offenen Tür 2006
Oommen-Hirschberg: Frau Breitkopf-Bruckschen, Sie haben das Projekt »Zweite Heimat Köln« im Kölnischen Stadtmuseum initiiert. Um was geht es bei diesem Projekt?
Breitkopf-Bruckschen: Ziel des Projektes ist es, Kölnerinnen und Kölnern mit Migrationshintergrund ihre neue Heimat näher zu bringen, sie mit der Kölner Geschichte, Kultur und Tradition besser vertraut zu machen, damit sie sich ein Stück weit heimischer zu fühlen. Mittel dazu sind speziell konzipierte Führungen durch das Museum in der jeweiligen Muttersprache oder in einfachem Deutsch. Das Projekt läuft seit gut zwei Jahren.
Es wird unterstützt von der RheinenergieStiftungKultur und von unserem Förderkreis, dem »Freunde des Kölnischen Stadtmuseums e. V.«. Dadurch ist es möglich, diese Führungen und den Besuch des Museums kostenfrei anzubieten.
Ein sehr wichtiger Aspekt des Projektes ist es, dass wir bei der Durchführung gezielt Muttersprachlerinnen und Muttersprachler mit einbeziehen.
Oommen-Hirschberg: Wie muss man sich das vorstellen? Wen beziehen Sie da genau ein?
Breitkopf-Bruckschen: Wir haben das Projekt von Anfang an mit sogenannten »Keyworkern« entwickelt – also mit Leuten, die den direkten Kontakt zu der jeweiligen Zielgruppe oder ‚Community’, haben. Es war uns sehr wichtig, dass wir uns nicht irgendetwas Pädagogisches im stillen Kämmerlein ausdenken, sondern uns stattdessen ganz gezielt zusammen mit Kölnerinnen und Kölnern mit Migrationshintergrund überlegen, wie wir die unterschiedlichen Gruppen am besten ansprechen können.
Folder in verschiedenen Sprachen
Oommen-Hirschberg: In Köln leben sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund aus verschiedenen Ländern. Wie haben Sie eine Auswahl zwischen den auch sehr unterschiedlich starken Migrationsgruppen getroffen?
Breitkopf-Bruckschen: Also, zunächst haben wir uns an die Kölnerinnen und Kölner mit türkischem Migrationshintergrund gerichtet, ganz einfach, weil sie die stärkste Gruppe hier in der Stadt sind. Dazu haben wir im ersten Schritt einen Aushang an der Uni gemacht und Studenten gesucht, die in Türkisch führen können. Von den Bewerbern, die sich bei uns gemeldet haben, haben wir fünf Leute ausgewählt und als Team zusammengestellt. Sie wurden in Kooperation mit dem Museumsdienst speziell geschult und wir haben gemeinsam überlegt, was in unserem Museum Anknüpfungspunkte liefern könnte für Menschen türkischer Herkunft, die hier in Köln leben. Also: Wo gibt es Berührungspunkte, wo Parallelen zwischen den Kulturen? Aber auch: wo gibt es Unterschiede, und welche Objekte hier im Museum könnten spannend sein? Auf dieser Basis hat das Team dann eine Führung speziell für Kölnerinnen und Kölner mit türkischem Migraionshintergrund entwickelt.
Oommen-Hirschberg: Welche weiteren Migrationsgruppen haben Sie in den Blick genommen?
Breitkopf-Bruckschen: Für uns war es wichtig, uns erst mal auf die Zielgruppen zu fokussieren, die sehr stark in Köln vertreten sind. Wir sind also neben der türkischen auch auf die polnische, auf die russische und jetzt gerade auf die italienische Community zugegangen – auch die ist ja hier in Köln sehr zahlreich.
Ich kann vielleicht an dieser Stelle mal ein paar Zahlen nennen: Köln hat rund eine Millionen Einwohner, und davon haben ungefähr 319.000 einen Migrationshintergrund. Das heißt also, gut ein Drittel. Bei den Kindern unter sechs Jahren sind es sogar ungefähr die Hälfte. Insofern ist das natürlich schon ein sehr, sehr großer Kreis, den man hier in Köln nicht vernachlässigen darf.
Oommen-Hirschberg: Haben Sie die Gruppen allein nach ihrer zahlenmäßigen Stärke ausgewählt? Oder haben Sie auch die soziokulturellen Unterschiede der einzelnen Migrantengruppen berücksichtigt – also etwa den Einwanderungsgrund und damit verbunden natürlich auch den Bildungshintergrund? Das ist ja ein großes Thema in der heutigen Integrationsdebatte.
Breitkopf-Bruckschen: Ja, das ist in der Tat ein großes Thema. Von dem Aspekt ‚Bildungshintergrund’ wollten wir uns bei der Auswahl jedoch nicht lenken lassen, weil wir uns wirklich für alle öffnen wollten. Wir sind gleich in medias res gegangen und haben einfach die zahlenstärkste Gruppe zuerst angesprochen haben und dann nach und nach die anderen Gruppen.
Wir versuchen bewusst, mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache nicht zum Hindernis werden zu lassen: Wir bieten Führungen auch in sehr einfachem Deutsch an, aber wie gesagt, wir legen Wert darauf, dass die Führer auch die jeweilige Muttersprache der Gruppen, die sie führen, beherrschen. Das ist gerade für ältere Menschen sehr wichtig. Sie können sich erst einmal in ihrer eigenen Sprache mit den Themen rund um ihre zweite Heimat Köln auseinandersetzen. Auch aus diesem Grund fühlen sich die Leute bei uns sehr angenommen. Am Tag der Offenen Tür der türkischen Community haben wir das sehr eindrucksvoll gesehen: Ganze Familien kamen da. Die Großelterngeneration ist grundsätzlich sehr dankbar, dass eine Führung auf Türkisch erfolgt, während die Eltern und Kinder es gut finden, wenn unterwegs auch in die deutsche Sprache gewechselt werden kann, weil der Führer eben zweisprachig ist. Das Ergebnis ist, dass Familien diese Führungen gemeinsam erleben können und so auch innerhalb der Generationen Prozesse in Gang gesetzt werden.
Oommen-Hirschberg: Stichwort ‚Cultural Diversity Management’. Inwiefern ist das für Sie wichtig? Geht es nur um die Generierung neuer Zielgruppen oder verfolgen Sie bei Ihrem Projekt mit der bewußten Ansprache von Migranten im kulturellen Sektor auch noch andere Ziele?
Breitkopf-Bruckschen: Wenn man sich klarmacht, dass jetzt schon ein Drittel der Kölner Bevölkerung zu dieser Gruppe gehört und wir ja auch als Kulturinstitution langfristig akzeptiert werden wollen, können wir es uns schlichtweg gar nicht leisten, diese Bevölkerungsgruppe zu vernachlässigen. Es ist für uns ganz elementar, frühzeitig zu überlegen: Wie können wir diese Menschen mit ins Boot holen und wie müssen auch wir uns verändern, um langfristig in einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft als Museum attraktiv zu bleiben. Wir werden bald eine Neugestaltung unserer Ausstellungsräume erfahren und dabei müssen natürlich auch solche Themen wie ‚Migration’ stark berücksichtigt werden. Wir sind sehr froh, dass wir jetzt schon Kontakte aufbauen, von denen wir dann profitieren. Wir können dann die Menschen einbinden und nicht einfach über ihre Köpfe hinweg agieren. Es geht also wirklich um ein Miteinander.
Museumsmarketing & Design im Kölner Stadtmuseum: ein Zukunftsmodell?
Oommen-Hirschberg: Sie haben sich ja als Leiterin der Abteilung Marketing des Museums bereits in der Planungsphase des Projekts entschieden, ein Kommunikationsbüro mit an den Tisch zu holen. Warum?
Breitkopf-Bruckschen: Es ist bei solchen Projekten immer sehr sinnvoll, möglichst alle am Projekt Beteiligten früh zu integrieren. Das gilt in unserem Fall sowohl für die Leute aus den jeweiligen Communities als auch für diejenigen, die für das Kommunikationsdesign im Projekt verantwortlich sind, weil man frühzeitig gemeinsam eine angemessene Bildsprache entwickeln sollte. Dann kann man einen Flyer oder ein Logo kreieren und immer auch gleich nachprüfen, ob das in der jeweiligen Zielgruppe ankommt. Es ist uns sehr wichtig, dass wir schon frühzeitig eine Bildlichkeit und eine Formensprache vor Augen haben. Wir haben so angefangen: Zunächst haben wir mit icon-design einen Slogan: »Zuhause in Köln« und unser Logo der Herzen gestaltet. Dann haben wir es in die verschiedenen Sprachen übersetzen lassen. Es war sehr gut, dass wir schon gleich zu Anfang ein Motto hatten, mit dem wir auf die Führerinnen und Führer zugehen konnten, um zu fragen: Wie kommt das eigentlich bei Euch an?
Oommen-Hirschberg: Wie würden Sie die Zusammenarbeit beschreiben: Hat sich die frühe gemeinsame Konzeptionsphase mit icon-design für Sie ausgezahlt?
Breitkopf-Bruckschen: Es ist sehr wichtig, dass neben der gestalterischen auch inhaltliche Kompetenz vorhanden ist, dass da jemand begreift, worum es einem geht. Das muss man im gemeinsamen Gespräch herausfinden: Um was geht es bei der ganzen Geschichte, was ist die Richtung? Es macht Sinn, frühzeitig zu versuchen, diese Richtung und das zentrale Anliegen auch in eine angemessene Formensprache zu bringen. Man sollte das Gefühl haben, es wird wirklich verstanden, worum es geht, dann zahlt sich die frühe gemeinsame Konzeption, wie in unserem Fall, aus.
Oommen-Hirschberg: Ein Projekt wie dieses, das über einen längeren Zeitraum angelegt ist, durchläuft ja mehrere Phasen – von der Planung und Konzeption über die konkrete Gestaltung und Umsetzung bis hin zur Ansprache der konkreten Zielgruppen. Wie arbeiteten Museumsmarketing und Kommunikationsbüro in diesen Phasen ideal zusammen?
Breitkopf-Bruckschen: Es hat viele Vorteile, sehr früh mit kompetenten Kommunikationsdesignern zusammen zu arbeiten. Gleich zu Beginn kann man sich auf ein Corporate Design bei einem Projekt festlegen und dann phasenweise darauf aufbauen.
Rusch: Das Aktionslogo, diese beiden Herzen, die dann in die verschiedenen Sprachen übersetzt wurden, konnten wir immer wieder neu einsetzen. Es gab eine einheitliche Klammer für das gesamte Projekt, über die einzelnen Sprachgruppen hinaus. Außerdem haben wir einen jeweils zweisprachigen Folder mit immer wiederkehrendem Layout konzipiert. Es variiert das Schriftbild durch die jeweilige Sprache – zum Beispiel: das Kyrillische – und die Wahl der Schriftfarbe und Farbflächen. So ergibt sich ein Gesamtbild von verbindenden und sich unterscheidenden Elementen – von Wiedererkennbarkeit und Differenziertheit.
Breitkopf-Bruckschen: Außerdem haben wir in den letzten zwei Jahren drei Tage der Offenen Tür veranstaltet – erst für die türkische, dann für die polnische und jetzt gerade Ende November für die italienische Community. Auch dafür haben wir jeweils mit icon-design einen Flyer erarbeitet – und auch da gab es natürlich Basiselemente, die immer wieder auftauchten, in denen also das Verbindende zum Vorschein kam.
Oommen-Hirschberg: Unterscheiden sich diese Flyer nur rein sprachlich?
Breitkopf-Bruckschen: Nein, gerade bei den Einladungen zu den Tagen der Offenen Tür haben wir sehr darauf geachtet, auch das Spezifische der jeweiligen Community aufzugreifen. Dabei war es sehr gewinnbringend, von den Ideen eines professionellen Kommunikationsbüros profitieren zu können, um gemeinsam zu guten Lösungen zu kommen.
Oommen-Hirschberg: Was ist denn zum Beispiel ein spezifisches Unterscheidungsmerkmal in den Einladungen, die Sie für das Stadtmuseum gestaltet haben?
Rusch: Nehmen wir zum Beispiel die Einladung, die wir zum Tag der Offenen Tür für die türkische Community kreiert haben. Bei dieser haben wir als Motiv einen Ford-Mitarbeiter vor dem im Museum ausgestellten Ford Taunus fotografiert. Das war eher ein unprätentiöses Bild, auch mit einem gewissen Humor, das aber gerade in dieser Zielgruppe sehr gut ankam – weil natürlich viele Leute etwas damit verbunden haben. Gleichzeitig hat es gezeigt, dass auch der Arbeiter im Kölnischen Stadtmuseum seinen Platz hat. Das haben die Leute mit dem durchaus beabsichtigten Humor aufgenommen und wohl auch als bürgernah empfunden. In der Einladung zum italienischen Tag wiederum haben wir darauf Bezug genommen, dass Köln eine römische Stadtgründung ist. Einladung und Plakat zeigen, in einem von uns kolorierten historischen Stich, Agrippina, die als Stadtgründerin über Köln schwebt. Wir haben versucht, den Nationalstolz der Italiener anzusprechen und zu zeigen, dass die Beziehungen zwischen der Stadt Köln und Italien immer sehr vielschichtig waren und sich über die Jahrhunderte und Jahrtausende in vielfältiger Form weiterentwickelt haben.
Oommen-Hirschberg: Mit welchen Themen kann man denn auch bei den deutschen Bürgern Interesse für ein Thema wie »Zweite Heimat Köln« wecken?
Breitkopf-Bruckschen: Wichtig ist es, glaube ich, diese Thematik mittelfristig in eine Normalität zu führen. Also: raus aus der exotischen Ecke. Damit wollen wir erreichen, dass es als ganz normal und selbstverständlich empfunden wird, dass sich tatsächlich alle in Köln lebenden Menschen von unserem Museum angesprochen fühlen.
Oommen-Hirschberg: Es geht also darum, den Blick zu weiten?
Breitkopf-Bruckschen: Es ist sicherlich sehr wichtig, dass unsere Gesellschaft nicht nur von Seiten der Migranten in Bewegung kommt, sondern auch von unserer Seite aus. Dass wir also eine gewisse Offenheit zeigen, die auch für uns gewinnbringend sein kann. In diesem Zusammenhang möchte ich auf unser Logo verweisen, das mit »Zuhause in Köln« auch von unserer Seite aus ganz bewusst ein Statement transportiert, das heißt: Wir bieten ein Zuhause an für alle, die hier leben – und das muss eben auch von den Gruppen akzeptiert werden, die bisher in unseren Kulturinstitutionen dominant waren. Das muss ein Prozess sein, in dem man sich öffnet. Wir haben unter diesem Gedanken mit icon-design ein Großbanner entwickelt, das ein Paar zeigt: Der weibliche Part ist Inderin, der männliche ein westlicher Mitteleuropäer, beide tragen historische Accessoires. Damit wollen wir genau diese Normalität zeigen. Das Motiv hängt nicht nur im Großformat an der Außenseite des Museums, sondern ist auch auf unserem Folder für Freunde und Förderer des Museums zu sehen, weil wir bewusst zeigen wollen: Wir öffnen uns.
Oommen-Hirschberg: Migration ist ja auch kein neues, sondern ein sehr altes Thema, das zeigt dieses Motiv ja auch.
Breitkopf-Bruckschen: Natürlich hat jede Stadtgeschichte immer viel mit Migration zu tun. Das Thema ‚Migration’ zieht sich durch die gesamte Kölner Geschichte. Und es ist auch Aufgabe des Stadtmuseums, dies den Menschen vor Augen zu führen. Dass diese Stadt auch sehr viel gewonnen hat durch Migration im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende und dass es sich dabei um ganz selbstverständliche städtische Prozesse handelt.
Rusch: Für mich ist Stadt der Ort, an dem alle Menschen zusammenkommen. Dies ist ein Merkmal gerade von Stadt – im Gegensatz zum Land. In der Stadt kann eine kulturelle Gemengelage entstehen, die eine Chance für alle bietet, sich persönlich, sozial aber auch wirtschaftlich weiter zu entwickeln. Dieser Aspekt ist nicht nur für die Museen wichtig. Das erkennen auch Unternehmen, die im globalen Markt agieren: Hier steigt das Bewusstsein für kulturelle Vielfalt immer mehr. Die kulturellen Unterschiede ihrer Mitarbeiter werden als Chance begriffen, um neue Ideen zu entwickeln, um innovativ zu sein und um sich letztlich im globalen Markt behaupten zu können.
Oommen-Hirschberg: Was unterscheidet Ihr Projekt in Köln in diesem Zusammenhang von vergleichbaren in anderen Städten?
Breitkopf-Bruckschen: Vielleicht, dass dieses Thema hier in Köln nicht in einem Kunstmuseum stattfindet, sondern im Stadtmuseum – denn da spielt das Thema ‚Heimat’ per se eine ganz entscheidende Rolle. Bei anderen Projekten steht oft die Zielrichtung ‚Deutschlernen im Museum’ im Vordergrund.
Rusch: Ich denke, ein Stadtmuseum ist der ideale museale Ort, um Bürger unterschiedlicher Herkunft in der zweiten Heimatstadt zu begrüßen. Ein modernes Kunstmuseum ist immer ein internationaler Raum. So wie ich die aktuelle Museumslandschaft beobachte, ist das Thema ‚Migration’ die Zukunftsaufgabe, der sich die Museen stellen möchten. Und dies nicht nur mit Einzelprojekten, sondern ebenso in der Ausrichtung und Präsentation ihrer Sammlungen.
Professionalisierung des Außenauftritts kultureller Institutionen kostet – zahlt sich das aus?
Oommen-Hirschberg: Frau Breitkopf-Bruckschen, man kann beobachten, dass sich öffentliche kulturelle Institutionen verstärkt mit einem professionellen Außenauftritt beschäftigen. Warum ist diese Professionalisierung aus Ihrer Sicht wichtig?
Breitkopf-Bruckschen: Diese Entwicklung geht ja mit der einfachen Erkenntnis einher, dass die Museen zunehmend anerkennen, dass sie kein Selbstzweck sind. Sie sind dafür da, sich zu öffnen und müssen Menschen eben auch anziehen. Das erreicht man natürlich nur, wenn man auch die Vermittlungswege professionalisiert, also indem man sich genau anschaut, wen möchte ich erreichen und mit welchen Mitteln gelingt mir das? Dazu gehört ganz entscheidend auch eine professionelle Kommunikation.
Rusch: Museen stehen heute in Konkurrenz zu vielen anderen Freizeitangeboten. Die diffuse Wahrnehmung der Menschen im Informationsüberfluß und das Überangebot an sinnstiftenden Betätigungen betrifft natürlich auch die Museen, die sich um ihre Zielgruppen bemühen. Professionelle Kommunikation und Design ermöglichen es, überhaupt zur Zielgruppe durchdringen zu können. Langfristige, nachhaltige aber auch mutige Kommunikationskampagnen helfen, das Image eines Hauses positiv zu beeinflussen und zu erneuern.
Oommen-Hirschberg: Die finanzielle Situation kultureller Institutionen ist in wirtschaftlich schwierigen Zeiten besonders prekär. Mit welchen kreativen Mitteln begegnet man aus Ihrer Sicht den leeren Kassen, wie kann man Sponsoren und Fundraiser dafür begeistern, sich im kulturellen Sektor zu engagieren?
Breitkopf-Bruckschen: Wichtig ist vor allem, inhaltliche Qualität zu liefern, also zu zeigen, dass man inhaltlich gute Arbeit leistet. Nur dann strahlt das positive Image des eigenen Hauses auf das Image des Sponsors zurück.
Rusch: Das kulturelle Umfeld ist für die Unternehmen ein attraktiver Ort, die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen wollen, die sich aber auch nicht scheuen, ihr gesellschaftlich-kulturelles Engagement nach außen zu tragen und für sich zu nutzen. Ein Museum ist aufgrund seines institutionellen Status ein beständiger Sponsoringpartner. Wenn das Kulturprojekt zu den Unternehmenswerten passt, dann ist das ein Gewinn für beide Seiten. Diese Gemeinsamkeiten gilt es aufzuspüren, um sie für das Fundraising des Hauses zu nutzen.
Oommen-Hirschberg: Frau Rusch, in der vergangenen Ausgabe der W&V wurde die Zusammenarbeit zwischen professionellen Werbe- und Kommunikationsagenturen mit öffentlichen Trägern als äußerst problematisch beschrieben. Als zentrale Gründe werden genannt: Unprofessionalität und enorme Reibungsverluste. Wie sind Ihre Erfahrungen? Was hat Frau Breitkopf-Bruckschen in Ihren Augen anders bzw. richtig gemacht? Wie sollte eine Zusammenarbeit mit einer kulturellen öffentlichen Institution idealer Weise aus Sicht des Designers ablaufen?
Rusch: Ich kann das nicht bestätigen, was da in den Medien berichtet wurde. Unsere Zusammenarbeit lief jedenfalls sehr gut. Wir haben dabei gemerkt, dass wir uns verstehen, dass wir uns auch auf Diskussionen einlassen konnten miteinander. Wir sind also wirklich in den Diskurs mit dem Museumsmarketing und der Museumsführung gegangen, und haben nicht einfach nur Designs abgeliefert und gehofft, dass sie etwas davon schon nehmen werden. Und wir haben Fragen gestellt, die über die reine Gestaltungsaufgabe hinausreichten, um zu verstehen, was der Kern des Projektes ist. Bevor wir ein Design erarbeitet und gezeigt haben, haben wir also immer versucht, eine Kommunikation herzustellen. Und das hat gut funktioniert: Das Museum und die Menschen dort haben sich auf eine Beschäftigung miteinander eingelassen, das war eine sehr positive Erfahrung. Es geht uns letztlich immer um eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unserem Auftraggeber.
Oommen-Hirschberg: Investitionen in Marketing und Design werden insbesondere im kulturellen Kontext oft mit Argusaugen beobachtet. Hat sich die Investition im Falle des Kölnischen Stadtmuseums gelohnt? Gibt es steigende Besucherzahlen oder auch einen signifikanten Imagegewinn?
Breitkopf-Bruckschen: Die Frage ist natürlich: Wie könnte so etwas sonst überhaupt gehen – ohne Investitionen? Dass natürlich, wenn man Flyer, Plakate und andere Kommunikationsmaterialien drucken will, ein professionelles Design geschaffen werden muss, steht ja völlig außer Frage, ansonsten erreiche ich die Menschen ja gar nicht! Wichtig ist mir dabei auch, dass das Konzept stimmt. Das heißt, dass der Designer weiter denkt als bis zum nächsten zu gestaltenden Folder, sondern mir einen Weg aufzeigt, im Gesamtkontext des Hauses zu denken. Diese vorherige Konzeptionsphase erscheint zunächst ein zusätzlicher Kostenfaktor zu sein. Es zeigt sich jedoch, dass eine ganzheitlich angelegte Kommunikation viele zukünftige Kommunikationsaufgaben sehr günstig beeinflusst. Es schafft Entscheidungssicherheit, spart somit Zeit und letztlich Geld.
Im Fall des Kölnischen Stadtmuseums lässt sich konkret sagen, dass wir mit dem Projekt »Zweite Heimat Köln« in den letzten zwei Jahren etwa 6.900 Menschen mehr in unserem Haus gehabt haben – und zwar Menschen, die sonst sicherlich sehr schwer den Weg zu uns gefunden hätten. Das hat meines Erachtens noch mal eine ganz besondere Qualität. Insofern kann man dieses Ergebnis nicht hoch genug schätzen.
Oommen-Hirschberg: Frau Breitkopf-Bruckschen, Frau Rusch, was haben Sie persönlich durch dieses Projekt gewonnen?
Rusch: Durch das Projekt wurden mir die Auswirkungen der demografischen Entwicklung immer klarer. Persönlich finde es einfach sehr schön zu sehen, wie sich das Stadtmuseum geöffnet hat – wie jetzt ganze Familien unterschiedlicher Herkunft durch die Ausstellung gehen.
Breitkopf-Bruckschen: Mir ist durch unser Projekt bewusst geworden, wie sehr sich unsere gesamte Museumslandschaft auf die gesellschaftlichen Veränderungen wird einstellen müssen. Wir müssen uns entwickeln, nur so können wir auch langfristig in breiten Teilen der Bevölkerung Akzeptanz finden. Dafür ist Offenheit von allen Beteiligten nötig.
Oommen-Hirschberg: Frau Breitkopf-Bruckschen, Frau Rusch, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
»Im Fall des Kölnischen Stadtmuseums lässt sich konkret sagen, dass wir mit dem Projekt »Zweite Heimat Köln« in den letzten zwei Jahren etwa 6.900 Menschen mehr in unserem Haus gehabt haben – und zwar Menschen, die sonst sicherlich sehr schwer den Weg zu uns gefunden hätten. Das hat meines Erachtens noch mal eine ganz besondere Qualität. Insofern kann man dieses Ergebnis nicht hoch genug schätzen.«
Elisabeth Breitkopf-Bruckschen, Museumsmarketing